Ausstellungsansichten:
Rezension zur Ausstellung von Peter Michel Tageszeitung Junge Welt vom 1. Februar 2020
Holzstich – Ausgewählte Druckgrafik aus Russland und Deutschland
Wir laden Sie und Ihre Freund*innen herzlich zur Vernissage der Ausstellung Holzstich am Freitag, den 24. Januar 2020 um 19 Uhr ein. Ausstellungsdauer: 25.01.–01.03.2020 (verlängert bis 29.3.2020) Konzert Soundscapes: So 23.02.2020, 20 Uhr Die Finissage muss wegen der Corona-Epidemie leider entfallen, bitte lesen Sie unsere Information dazu auf der Startseite Kuratiert von Archi Galentz.
Holzstich
- Wassili Nikolajewitsch Masjutin Масютин Василий Николаевич (1884–1955)
- Karl Rössing (1897–1987)
- Karl-Georg Hirsch (* 1938)
- Wolfgang Würfel (* 1932)
- Iwan Nikolajewitsch Pawlow Павлов Иван Николаевич (1872–1951)
- Anatoli Andrejewitsch Suworow уворов Анатолий Андреевич (1890–1943)
- Alexei Iljitsch Krawtschenko Кравченко Алексей Ильич (1889–1940)
- Pawel Alexandrowitsch Schilingowski Шилинговский Павел Александрович (1881–1942)
- Wladimir Andrejewitsch Faworski Фаворский Владимир Андреевич (1886–1964)
- Georgi Alexandrowitsch Echeistow Ечеистов Георгий Александрович (1897–1946)
- Michail Iwanowitsch Poljakow Поляков Михаил Иванович (1903–1978)
- Michail Iwanowitsch Pikow Пиков Михаил Иванович (1903–1973)
- Illarion Wladimirowitsch Golyzin Голицин Илларион Владимирович (1928–2007)
- Henrietta Nikolajewna Burmagina Генриетта Николаевна Бурмагина (1939–1984) & Nikolai Wassiljewitsch Burmagin Бурмагин Николай Васильевич (1932–1974)
- Arkadi Michailowitsch Kolchanow Колчанов Аркадий Михайлович (1925–2008)
- Michail Michailowitsch Wercholantsew Верхоланцев Михаил Михайлович (* 1937)
Holzschnitt
- Stephan Preuschoff (1907–1994)
- Helena Scigala (1921–1998)
- Jürgen Wittdorf (1932–2018)
- Conrad Felixmüller (1897–1977)
Kabinett: Farbholzschnitt
- Mitsuo Katsui (* 1931)
- Utagawa Kuniyoshi (1798–1861)
- Utagawa Kunisada (1786–1865)
- Utagawa Hiroshige II. (1826–1869)
- Ikeda (Keisai) Eisen (1791–1848)
- Philipp Mager (* 1966)
Holzstich: Königsdisziplin der Grafik
Holzstich gilt vielen als die Königsdisziplin der Grafik – die oft nur briefmarkengroßen Blätter, nicht selten auf hauchdünnem Papier gedruckt, sind außerordentlich faszinierend.
In der Ausstellung zeigt die Galerie Wolf & Galentz ausgesuchte Werke von über zwanzig Künstlern*innen in verschiedenen Gegenüberstellungen. Darunter sind Werke der deutschen Künstler Karl Rössing (1897–1987) und Karl-Georg Hirsch (* 1938) sowie Arbeiten der weit über die Grenzen Russlands hinaus renommierten Künstler Alexei Krawtschenko (1889–1940) und Wladimir Faworski (1886–1964), um nur die Bekanntesten zu nennen. Auch Michail Wercholantzew (* 1937), Mitglied der russischen Akademie der Künste, hat für diese Ausstellung acht Motive aus seiner Sammlung zur Verfügung gestellt.
Holzstich als Vervielfältigungstechnik
Der Holzschnitt, aus dem sich der Holzstich entwickelte, zählt zu den grafischen Hochdrucktechniken und zu den ältesten Methoden, Vervielfältigungen auf Papier herzustellen. In Europa gibt es den Holzschnitt seit dem 14. Jahrhundert, zunächst für Einblattdrucke, Blockbücher und schließlich Illustrationen in Büchern genutzt. Nach der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern nahm die Verbreitung des Holzschnitts zunächst stark zu (wurde allerdings weiterhin auch für Flugblätter und Pamphlete genutzt, etwa in der Reformationszeit). Im Buchwesen wurde er allerdings bereits im 17. und 18. Jahrhundert von der Radierung ersetzt, die wiederum im späten 18. Jahrhundert einerseits der Lithografie, andererseits dem von dem Engländer Thomas Bewick entwickelten Holzschnitt abgelöst wurde. Sowohl Holzschnitt als auch Holzstich wurden seit dem 19. Jahrhundert auch als künstlerische grafische Techniken für eigenständige Bildwerke verwendet, haben aber den Bezug zur Illustration im Buchwesen nicht verloren.
Präzision
Besonders präzise unter den historischen Drucktechniken ist der Holzstich, der in die homogenen Faserstrukturen des quergeschnittenen Holzes (Stirnholz) gearbeitet wird – oft so fein, dass Vergrößerungsapparate nötig sind. Holzstich ermöglicht hohe Auflagen in guter Qualität; die Druckplatten aus Stirnholz sind deutlich häufiger einsetzbar als jene aus Kupfer.
Vor allem die Grauwerte, die durch unterschiedliche Stichelführung entstehen, zeichnen den Holzstich gegenüber dem gröberen, spontaner und expressiver wirkenden Holzschnitt aus. In der klassischen Moderne, besonders im Expressionismus, wurde im Besonderen der Holzschnitt sehr beliebt (Munch, Heckel, Kirchner, Nolde), nicht zuletzt auch beeinflusst durch den japanischen Farbholzschnitt des 19. Jahrhunderts.
Mit der Verbreitung des Digitaldruckers, ubiquitären Copyshops mit erstaunlicher Qualität und dank weiterer Standardisierung des bezahlbaren Offsetdrucks, gepaart mit der medialen Bilderflut, ist das Interesse an Druckgrafik, besonders an schwarz-weißen Techniken, stark zurückgegangen. Diese Tendenz öffnet andererseits Chancen für Sammlerinnen und Sammler, da seltene Grafikblätter mit ihrer wunderbaren Ästhetik wieder auf dem Kunstmarkt auftauchen.
Ex-libris-Drucke
Heute sammelt man Ex-libris-Drucke, die zu einer Art Denkmal der Zusammenarbeit zwischen Sammlerinnen und Sammlern und den Kunstschaffenden wurden. Und auch heute noch gibt es den exklusiven Buchdruck mit speziell angefertigten Illustrationen in kleinen Auflagen.
Neben Katalogen zum Werk der ausgestellten Künstler sind bei unserer Ausstellung auch Bücher mit Illustrationen von Originaldruckstöcken zu finden.
Archi Galentz und Andreas Wolf als Betreiber der Galerie Wolf & Galentz sind interessierte Sammler von außergewöhnlichen Beispielen der Druckgrafik. Darüber hinaus haben beide ein besonderes Verhältnis zu Grafik und grafischen Künsten: Wolf hat neben bildender Kunst auch Grafikdesign studiert, Galentz war Tutor in der Lithografiewerkstatt der UdK Berlin, wo er bis 2002 studiert hat.
Zu den ersten Grafikblättern von Galentz Sammlung zählte ein Holzstich des Leipziger Künstlers Karl-Georg Hirsch. Die Galerie kaufte weitere Blätter von Hirsch und erwarb auch ein bescheidenes Konvolut von Drucken des Russen Wassili Masjutin, der in den 1920er-Jahren nach Berlin kam.
Weitere einzelne, auf dem Berliner Kunstmarkt gefundene Drucke der russischen Klassiker motivierten schließlich die Idee, dieser heute selten gewordenen grafischen Gattung eine eigene Ausstellung zu widmen, um, unter anderem, die Leidenschaft für diese einzigartige Ästhetik zu erhalten.
Alexei Krawtschenko
Als besondere Glücksfall sei die uns gebotene Chance erwähnt, neben einigen einzelnen Blättern auch zwei Reihen des sehr bekannten russischen Künstlers Alexei Krawtschenko für unsere Ausstellung gewinnen zu können – „Aus dem Leben der Frau“ (1928) und „New York“ (1929).
Da einige der ausgestellten Künstler nicht nur Holzstiche, sondern auch Holzschnitte schufen und die Grenzen zwischen diesen beiden Techniken ausloteten, unter anderem, um Farbe in die ursprünglich schwarz-weiß dominierte Ästhetik der grafischen Hochdrucktechniken zu bringen, erweitern wir die Präsentation der Holzstiche mit einer Auswahl von Holschnitten. Wir zeigen einige Blätter von Conrad Felixmüller (1897–1977), Stephan Preuschoff (1907–1994), Helena Scigalla (1921–1998) und Jürgen Wittdorf (1932–2018).
Ukiyo-e
Darüber hinaus präsentieren wir einige japanische Blätter aus unserer Sammlung. Beim japanischen Farbholzschnitt wird das Holz (meist) der Wildkirsche zwar im Längsschnitt – wie beim Holzschnitt – verwendet, aber dennoch eine dem Holzstich vergleichbare Präzision erreicht, und größere Felder auf den Stöcken ermöglichen feine Farbverläufe. Wir präsentieren einige Ukiyo-e-Arbeiten aus dem 19. Jahrhundert sowie einige moderne Nachdrucke zum Vergleich. Und schließlich mit Mitsuo Katsui (* 1931) auch einen zeitgenössischen Vertreter des japanischen Farbholzschnitts.
Die japanischen Drucke sind auf zwei Wänden unseres Kabinetts ausgestellt und heben als farbintensive Kunstwerke die Nobilität des klassischen Schwarz-Weiß-Druckes hervor. Zuletzt wird eine Reihe der farbigen Holzdrucke des Berliner Malers Philipp Mager (* 1966) auf den zwei weiteren Wänden des Kabinetts den japanischen Farbholzschnitten gegenübergestellt und so sowohl ein Dialog zwischen den Kulturen angeregt als auch alte Meister gewürdigt.
Archi Galentz