Kuss, 1965
Kaltnadelradierung, 98/100
Papiermaß 29,5x 20 cm
Bildmaß 12 x 16 cm
Lea Grundig (1906, Dresden – 1977, während einer Mittelmeerreise)
Ausstellung: Rein aufs Möbiusband, 15.4.–2.6.2019
Lea Grundig wurde in eine strenggläubige jüdische Familie hineingeboren, schon als Kind rebellierte sie gegen jüdisch-orthodoxe Religion.
Von 1922 bis 1924 studierte sie an der Dresdner Kunstgewerbeakademie, dann bis 1926 an der Akademie der Bildenden Künste Dresden, wo sie Meisterschülerin bei Otto Gussmann wurde. Sie lernte hier ihren späteren Mann Hans Grundig und auch Otto Dix kennen, den sie als künstlerischen Mentor ansah. In der gleichen Zeit wurde sie Mitglied der KPD. 1928, gegen den Willen ihres Vaters, Verheiratung mit Hans Grundig. In der Nazizeit wurde sie verfolgt, erhielt 1935 Ausstellungsverbot und wurde später auch verhaftet. Von Mai 1938 bis Dezember 1939 war sie wegen Mitgliedschaft in verschiedenen kommunistischen Vereinigungen inhaftiert. Sie emigrierte, zunächst nach Preßburg (Bratislava), Ende 1940 gelang es ihr, nach Palästina auszuwandern. Bis 1942 lebte sie in einem Flüchtlingslager, danach, bis 1948, in Haifa und Tel Aviv.
Sie kehrte dann nach Europa zurück, wo sie zunächst in Prag lebte, ab 1949 wieder in Dresden, wo sie erst als Dozentin, dann als ordentliche Professorin an der Hochschule für Bildende Künste Grafik lehrte. Sie reiste nach China, Kuba und Kambodscha. Im Jahr 1961 wurde sie Ordentliches Mitglied der Akademie der Künste der DDR, sagte im Prozess gegen Hans Globke aus und war von 1964 bis 1970 Präsidentin des Verbandes Bildender Künstler. Ab 1964 war sie Mitglied des Zentralkomitees der SED.
Nach ihrer eigenen Kunstauffassung war das, was sie schuf, Gebrauchskunst, heute würde man sagen: Kommunikationsdesign. Sie sah ihre Kunst im Dienst der Kommunistischen Partei.
Unter den Funktionären der SED galt sie als herrisch, kompliziert und empfindlich, als eine, die sich hartnäckig gegen die Anpassung der Parteilinie an die Routine des „realen Sozialismus“ in der DDR gewehrt hat. Reformer und Dissidenten in der DDR hielten sie für eine Stalinistin. Beide Seiten sahen in ihr eine gläubige Kommunistin, die im Grunde unpolitisch und naiv gewesen sei.