Plakat mit einem Knetkunstwerk, Einfamilienhaus

Zwiegespräche

Künstler:innenpaare aus Hyvinkää (FI),
Berlin und Moers (DE)

Wir laden Sie herzlich zur Vernissage der kommenden Ausstellung am Freitag,
09. Mai 2025 ab 19 Uhr ein.

Maija Helasvuo, Mika Karhu (Finnland)
Susan Kempfer, Jörn Kempfer (Moers, Deutschland)
Line Wasner, Henrik Jacob (Berlin)

Malerei, Zeichnung, Skulptur, Installation

Ausstellungsdauer: 09.05.–13.07.2025

Danksagungen in Büchern beginnen heute sehr oft mit Sätzen wie: „An der Entstehung dieses Buches waren sehr viele Menschen beteiligt.“ – ein Zeichen dafür, dass der öffentliche Diskurs sich langsam von dem modernen Mythos des autark schöpfenden Genies im Kämmerlein verabschiedet. Menschen sind soziale und politische Wesen; alle Technik, Kunst, alles Wissen baut stets auf dem vergangener Zeiten auf und erweitert, verändert sich in Gemeinwesen. Wir sind alle in unserem Leben eingebettet in Netzwerke, viele Beziehungen zu vielen Menschen. Die Paarbeziehung ist dabei eine der engsten, innigsten; in vielen Paaren ist der/die Partner:in die Person, mit der wir am meisten Zeit verbringen. Vielleicht ist die Innigkeit der Paarbeziehung ebenso ein Mythos wie das einsame Genie, jedenfalls ein Klischee; auch im Hinblick auf innige zwischenmenschliche Beziehungen vollzieht sich derzeit ein Wandel hin zu offeneren, vielfältigeren Formen des Zusammenlebens. Dennoch gibt es weiterhin Paare, und in Hinblick auf die Kreation von Kunstwerken, die Kreativität lohnt sich vielleicht ein Blick auf mögliche gegenseitige Beeinflussung, gegenseitige Inspiration in Paarbeziehungen.

Eingeladen wurden der Galerie nahestehende Kolleg:innen, deren Arbeiten wir schätzen und von denen wir denken, dass sich ein Zwiegespräch unter vier oder acht Augen lohnt.

Künstlerinnen und Künstler:

Maija Helasvuo beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit der skulpturalen Formulierung von Vagem, Flüchtigem, Hilflosem und anderen schwer fassbaren Phänomenen, oft in einer Kontrastierung zur Wuchtigkeit des Materials oder einer Rauheit in der Bearbeitung. Die Künstlerin arbeitet mit visuellen Metaphern, die sich auf Kunstgeschichte und soziales Miteinander gleichzeitig beziehen können. Zusammen mit Mika Karhu und anderen finnischen Künstlerinnen und Künstlern betreibt sie seit 2012 den Finnisch-Deutschen Kunstraum Toolbox, ein Projekt, das den künstlerischen Austausch zwischen Finnland und Deutschland fördert.
Maija Helasvuo, geboren 1968 in Karelien, studierte Kunst an der Hyvinkää Art School, am Lahti Institute of Fine Art und an der Turku Fine Art Academy.


Mika Karhu beschäftigt sich in seiner Kunst mit menschlichen Emotionen – mit der Psyche – im Zusammenhang mit Gesellschaftsstrukturen, Macht- und Herrschaftsverhältnissen, basierend auf langjährigen Studien von Psychologie, Neurologie, Philosophie und politischer Theorie. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf Trauma, Angst und Verletzlichkeit. In seinen düsteren Tuschebildern in Grautönen, Schwarz und Weiß repräsentiert das Dunkle die Schattenseiten, Gewalt, Depression, Terror und das, worüber wir nicht sprechen (können); das Helle die Erkenntnis, Hoffnung.
Mika Karhu, geboren 1969 in Joensuu, Karelia, Finland, studierte bildende Kunst und Grafik an der Hochschule für Kunst und Design in Nordkarelien, am Institut für Druckgrafik der Lahti Universität, an der Universität für Kunst und Design Helsinki und promovierte in bildender Kunst an der Aalto Universität in Helsinki, an der er heute Kunst unterrichtet.


Henrik Jacob überknetet Fotos mit schwarz-weißer Modelliermasse und lässt die Motive auf diese Weise in den Raum wachsen. Die Größe seines Daumenabdrucks bestimmt dabei die Pixelgröße, was den Bildern eine beunruhigende Unschärfe verleiht. Durch die Veränderbarkeit des formbaren, plastischen Materials auch nach der Fertigstellung eines Werks arbeitet der Künstler an einer Art Antikunstgeschichte, die die Bedeutung des künstlerischen Endprodukts hinterfragt. In der Ausstellung präsentiert er neben kleineren Bildern auch den zusammengefalteten SPD-Stand, den er kurz vor der Bundestagswahl 2025 im Soldiner Kiez aufgestellt hat. (Sibylle Peter Dieter)
Henrik Jacob, geboren 1972 in Dresden, studierte von 1994 bis 2000 Freie Kunst an der Hochschule für Künste Bremen bei Prof. Rolf Thiele. Nach Auslandsaufenthalten an der Winchester School of Art in Southampton, in Barcelona, Spanien, und an der Academie Galan in Frankreich wurde er 2001 Meisterschüler bei Rolf Thiele an der HfK Bremen. Seit 2000 lebt und arbeitet er in Berlin, wo er seit 2007 den Ausstellungs- und Projektraum Kulturpalast Wedding International organisiert und kuratiert. Der Projektraum wurde 2016 vom Berliner Senat mit dem Preis für künstlerische Projekträume und Initiativen ausgezeichnet.


Susan Kempfer findet bei Spaziergängen in Landschaften und besonders an Stränden schöne und interessante Steine, in denen sie anthropomorphe Formen sieht. Sie bearbeitet die Steine nicht skulptural, sondern überformt sie mit plastischem Material. Die gegensätzlichen Texturen von Gestein und weichem plastischen Material wie Ton, den sie zunächst zum Skizzieren benutzt, aber in der endgültigen Bearbeitung durch Zementmischungen ersetzt, inspirieren sie. Bei Susan Kempfers Beschäftigung mit Köpfen, menschlichen Körpern und Körperfragmenten interessieren sie Transformationen, Prozesse des Übergangs, des Temporären, der Bewegung, der Verschiebung von Bedeutungen. Ihre Plastiken reflektieren Formen und Strukturen, die in der natürlichen Welt zu finden sind, vor allem von gefundenen Natursteinen, und verbindet sie mit künstlichen Elementen. Sie laden den Betrachter ein, über die Wechselwirkungen zwischen diesen Elementen nachzudenken. Die urwüchsige Form der Steine gibt ihr Impulse, denen sie folgt. Ihre Überformungen übermalt sie, dabei Farbe und Struktur des Steins so täuschend echt nachahmend, dass im Trompe-l’oeil natürliche Form und Kunstform nicht mehr unterscheidbar sind. Susan Kempfer nutzt Materialeigenschaften wie das Erstarren von Flüssigem zu fester Form, beispielsweise von Zement und im Gegensatz dazu, die Elastizität eines Materials wie Gummi. Sie kombiniert diese Elemente in Plastiken mit Zement, Fahrradschläuchen und Luft. Sie gießt Schläuche in Zement ein, sodass sie sich zwar noch in begrenztem Maß ausdehnen und Luft aufnehmen oder Luft entweichen lassen können, wodurch zugleich ihre Elastizität konterkariert wird im Zwang des erstarrten Materials. So wurden auch Ventile für sie interessant, die, neben ihrem künstlerischen Verweis auf Übergänge, auch ästhetisch schön sind. Auch diese abstrakten Arbeiten versteht sie anthropomorph, sie verweisen auf Stoffwechsel, beweglichen Bezug zur Welt, auf Prozesse der Orientierung. Das ergibt latent instabile, spannungsvolle Formen, die sowohl visuell als auch haptisch ansprechend sind.

Susan Kempfer

1969 Geboren in Grimma, Deutschland
1985-1988 Medizinisches Fachschulstudium
1999 Übersiedlung ins Ruhrgebiet
Seit 2022 Studium Bildhauerei / Skulptur / Installation (B.F.A.) an der Hochschule der bildenden Künste Essen.
2024 Gründung der Produzentengalerie SpiritTransfer mit Jörn Kempfer
Ausstellungen im In- und Ausland


Figuratives und Ungegenständliches sind für Jörn Kempfer nur Pole. Die Bewegung dazwischen treibt seine Malerei voran. Immer geht es in Bildern um Wesentliches, das heißt um Wirklichkeit und Wirkung. In geheimnisvoller Weise ist das Wesen des Bildhaften nicht etwas Konkretes, sondern Abstraktion. Jörn Kempfer malt auf große, auf Holzplatten angeheftete Leinwandstücke, die er erst nach Fertigstellung des Bildes zuschneidet und auf Keilrahmen aufspannt. Diese Vorgehensweise erlaubt ihm beim Malen die Spontanität, um jederzeit Veränderungen der Komposition in Form und Größe vornehmen zu können. Mit dem Pinsel erzeugt er plastische Wirkungen wie Wellungen, Aufkantungen, Staffelungen, Vertiefungen und räumliche Spannungen. Er arbeitet in die Farbe mit Zeichenkohle, Ölstiften, Spachtel etc. hinein und schafft starke Kontraste von Texturen, Strukturen und Gliederungen. In einigen Bilderserien geht er wie ein Bildhauer vor, arbeitet in eine monochrome Farbfläche hinein durch Auflösen oder Wegnehmen der Farbmaterie. Ölfarbe ist sein bevorzugtes Material, weil diese, im Gegensatz zur schnell trocknenden Acrylfarbe, sich lange bewegen lässt und erlaubt, die Farbwirkungen zu verändern. Durch Verflüssigung der Farbe arbeitet er mit Lasuren, um lichthafte, transparente, räumliche Wirkungen zu erzeugen. In manchen Bilderserien bleibt der Grund der Leinwand sichtbar, ist hier nicht Untergrund für den illusionistischen Bildraum, sondern Grund in seiner Materialität als Fläche, auf dem der Malprozess nachvollziehbar ist. In den ungegenständlichen, gestischen Arbeiten von Jörn Kempfer, gibt es kein Sujet. Er beginnt impulsiv und setzt einen Malprozess in Gang, von dem er zu Beginn nicht weiß, wohin er ihn führt. Er arbeitet seriell und variiert immer wieder neu malerische Möglichkeiten, die sich im Prozess des Malens ergeben. Er spielt mit der Wirkung des Trompe-l’oeil. Der Betrachter vermag nicht genau, die Bildebene der Darstellung zu verorten, die zugleich hinter und vor dem Bildgrund zu sein scheint. Für Jörn Kempfer ist die Malerei nie fertig, ist ein unabschließbarer Prozess malerischer Bewegung.

Jörn Kempfer

1958 Geboren in Duisburg, Deutschland
1981 Studium der Malerei an der Universität der Künste Berlin
Seit 1986 freischaffend in Berlin-Kreuzberg
Seit 2000 verschiedene Lehrtätigkeiten in der Erwachsenenbildung
2012 Umzug nach Moers-Asberg
Bis 2024 Atelier im Künstlerhaus Hafenkult in Duisburg
2024 Gründung der Produzentengalerie SpiritTransfer mit Susan Kempfer
Ausstellungen im In- und Ausland.


Line Wasner hat zuammen mit Maarja Nurk in Berlin in der Kleingartenkolonie Bornholm 2024 eine Performance durchgeführt. Die beiden Künstlerinnen haben sich als Büsche verkleidet und Gartenarbeit verrichtet. Für alle, die damals nicht dabei sein konnten, gibt es ein paar Filmaufnahmen von dieser denkwürdigen Aktion. Die sehr beeindruckenden Büsche-Verkleidungen sind in der Ausstellung zusammen mit einigen Gemälden Line Wasners zu sehen.
Line Wasner malt und zeichnet Dinge, die nicht viel Interesse an Ideen von Ordnung und Ökonomie zeigen. So taumelt die Malerei eigenwillig; im Diffusen entsteht ein klares Bild von etwas Unklarem. Durch Nähen, Falten, Stopfen und Applizieren befreit Wasner ihre Bilder neuerdings von der Zweidimensionalität und entlässt sie in den Raum.
Line Wasner, geboren 1977, lebt und arbeitet in Berlin. Sie studierte Bildende Kunst und Umweltkunst an der Bauhaus Universität Weimar und an der Glasgow School of Art. Seit 2010 arbeitet sie auch als szenische Malerin.