Gespräche über Revolution und Macht
Wir freuen uns sehr, dass wir Susanna Gyulamiryan, die Kuratorin des armenischen Pavillons der diesjährigen Biennale von Venedig gewinnen konnten, bei Wolf & Galentz ihr Projekt „Gespräche über Revolution und Macht – Stimmen queer-feministischer Aktivistinnen und Wissenschaftlerinnen und feministische Kunst aus Armenien“ zu präsentieren.
Archi Galentz, Andreas Wolf
Vernissage: Mittwoch, 14. August 2019
Ausstellungsdauer: 14. August – 15. September 2019
Gespräche über Revolution und Macht
Stimmen queer-feministischer Aktivistinnen und Wissenschaftlerinnen und feministische Kunst aus Armenien
Teilnehmende:
- Narine Arakelian
- Gayane Ayvazyan
- Ruzanna Grigoryan
- Lousineh Navasartian
- Anna Nikoghosyan
- Tamar Shirinian
- Lusine Talalyan
- Anna Zhamakochyan
Kuratorin: Susanna Gyulamiryan
Das Projekt „Über Revolution und Macht“ ist all jenen Frauen gewidmet, die in mehr als zwei Jahrzehnten an politischem und bürgerlichen Protest, Kampf und Widerstand in Armenien teilgenommen haben, ihn initiiert und organisiert haben, diejenigen, die die Frauenbewegung geformt und geprägt haben, die feministische Diskurse angeregt und Wege kritischen Denkens entwickelt haben, in dem Land, in dem es immer noch keine öffentliche Anerkennung für die Leistung von Frauen gibt. Was Frauen tun und zu positiven Entwicklungen im Land beitragen, wird von patriarchaler Ideologie und männlicher Vorherrschaft und dem Glauben an männliche Überlegenheit verdeckt.
Die Besonderheit des Projekts ist, dass es Aktivismus von armenischen Künstlerinnen darstellt, die mit politischen, zivilen, sozialen und feministischen Bewegungen zusammenarbeiten. Gleichzeitig leiht sich politischer Aktivismus, darunter auch feministischer, künstlerische Methoden und wendet sie in einem multimedialen Repertoire von Performance, Aktions-Kunst, Manifesten, Graffiti und so weiter an.
Der Impuls zur Politisierung ebnete den Weg für hochmotivierte Künstlerinnen, die Kraft gefunden haben, aus den engen Grenzen des Kunstfeldes auszubrechen. Ideen von Autonomie, politischer Partizipation und der Wille, Straßen und öffentliche Plätze für sich in Besitz zu nehmen konnten wachsen und an Bedeutung gewinnen. Das Zusammenwirken von Politischem und Ästhetischem ist ein Weg, der neue Räume eröffnet, Künstlerinnen und feministische Aktivistinnen arbeiten zusammen gegen Ungerechtigkeit und soziale Ungleichheit im Land und entwickeln gemeinsam Konzepte und Aktionen zur Beförderung politischer und sozialer Reformen in Armenien.
Ein Teil des Projekts ist die Präsentation der Video-Serie „Gespräche über Revolution und Macht“ – kritische Reflexionen und künstlerische Aktionen von armenischen Expertinnen, Wissenschaftlerinnen und queer-feministischen Aktivistinnen über die Revolution in Armenien 2018 (die, so eine Teilnehmerin, eher ein Regimewechsel war als eine Revolution): Gayane Ayvazyan, Ruzanna Grigoryan, Anna Nikoghosyan und Anna Zhamakochyan.
Zusammen mit der Videodokumentation der Arbeit von Narine Arakelians, die die berühmt gewordene Aktion zivilen Ungehorsams, „Gusseiserne Töpfe und Pfannen“, im öffentlichen Raum in Venedig von fünfzig Freiwilligen nachspielen ließ, bilden die erwähnten „Gespräche“ den bedeutendsten Teil des Armenischen Pavillons der 58. Biennale von Venedig (2019).
Das Projekt des Armenischen Pavillons, kuratiert von Susanna Gyulamiryan, ist eine künstlerische und analytische Darstellung der armenischen Revolution von 2018. Es bringt Künstlerinnen, Wissenschaftlerinnen und Aktivistinnen zusammen, erinnert an die revolutionären Ereignisse und reflektiert sie.
Die Dynamiken der Entwicklung von Frauenbewegungen, angefangen in der frühen Sowjet-Ära bis in die postsowjetischen 1990er-Jahre, werden von Tamar Shirinian dargestellt, unter besonderer Berücksichtigung der Frage nach den „Verhandlungen“ dieser Bewegungen mit den Autoritäten und staatlichen Institutionen. Tamar Shirinian ist Expertin in Women’s und Gender Studies.
Die Künstlerin Lusine Talalyan präsentiert ihre feministische Botschaft, dass „Frauen keine Besitzer“ haben sowie das Bild der monumentalen Statue „Mutter Armenien“ ohne Arme während eines schamlosen Orgasmus. (Die Statue von Mutter Armenien in Jerewan ist eine maskuline Frau mit einem Schwert in ihren Armen. Diese Art patri-archaischer Darstellung mit bestimmen formalen und stilistischen Attributen ist ein Symbol für Macht, und einige Forscherinnen nennen diese Art von Gestalt „matri-archaisch“.
Die zwei Grafiken von Lousine Navasartian beschäftigen sich mit den Konsequenzen und „Wunden“ des ideologischen und physischen Kampfes von armenischen Bürgerrechtsaktivistinnen und -aktivisten.
Die Ausstellung begleitend werden Frauenporträts der sowjetisch-armenischen Malerin Armine Galentz zu sehen sein. Diese Serie in die Ausstellung einzubeziehen, ist unter anderem eine Anerkennung von Armine Galentz’ Leben und künstlerischem Weg, in dem eine Fülle von Geschlechterkonflikten eine Rolle gespielt hat. Anders als viele andere sowjetisch-armenische Künstlerinnen hat Armine Galentz sich nicht gescheut, den männlichen Überlegenheitsgestus und seine Methoden der Unterdrückung von Frauen in der Kunst in ihren Lebenserinnerungen darzustellen.
Das Projekt hat nicht den Anspruch, die gesamte Macht der Frauenbewegungen in Armenien oder eine vollständige Geschichte von Feminismus in Kunst und Aktivismus darzustellen. Es betont aber die Auffassung, dass in jüngeren politischen Entwicklungen in Armenien Frauenbewegungen und queer-feministischer Aktivismus zusammen mit feministischer Kunst unter den dynamischsten, entschlossensten und effektivsten Prozessen im Land gewesen sind.
Vernissage: Mittwoch, 14. August 2019
Ausstellungsdauer: 14. August – 15. September 2019